Welche Strafe droht beim Prozessbetrug?

21.05.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Mann,Handschellen,Prozessbetrug,Zivilprozess Lügen vor Gericht kann als Prozessbetrug strafbar sein. © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Begriff des Prozessbetrugs: Täuscht eine der Prozessparteien (Kläger oder Beklagter) erfolgreich das Gericht, um sich im Prozess einen Vorteil zu verschaffen, so begeht diese Person einen Prozessbetrug. Erkennt das Gericht die Täuschung, ist es ein versuchter Betrug.

2. Strafbarkeit: Der Prozessbetrug stellt keinen eigenen Straftatbestand dar, sondern ist ein Unterfall des Betruges, der in § 263 StGB geregelt ist. Es droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe. Im besonders schweren Fall ist die Strafe noch schwerer.

3. Schadensersatz wegen Prozessbetrug: Der Geschädigte eines Prozessbetruges, also die andere Prozesspartei, hat die Möglichkeit, den Täter zivilrechtlich auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
Betrug kommt häufiger vor, als mancher denkt. Viele von uns sind damit schon in Kontakt gekommen. Dass dieses Delikt jedoch auch vor Gericht stattfinden kann, in einem Zivilprozess um Geld oder Zahlungsansprüche, weiß kaum jemand. Im Juristendeutsch nennt man das Prozessbetrug.

Was versteht man unter einem "normalen" Betrug?


Die meisten Menschen haben eine ziemlich klare Vorstellung, was Betrug ist. Sie liegen damit intuitiv auch meist durchaus richtig. Kurz zusammengefasst: Man begeht einen Betrug, wenn man jemand anderen täuscht, um sich auf dessen Kosten zu bereichern. Dieser Tatbestand ist in § 263 des Strafgesetzbuches (StGB) gesetzlich geregelt.

Dabei sind zwei Bestandteile besonders wichtig:
- Die Täuschungshandlung (die auch in einer Unterlassung bestehen kann) und
- Die Bereicherungsabsicht.

Was ist ein Prozessbetrug?


Manche Verhaltensweisen sind betrügerisch, obwohl man bei ihnen nicht sofort an Betrug denkt. Der sogenannte Prozessbetrug ist ein Spezialfall des Betruges. Tatsächlich wird dieses Delikt immer häufiger verfolgt und taucht daher auch zunehmend in der Alltagsarbeit von Strafverteidigern auf.

Ausgangspunkt eines Prozessbetrugs ist ein Gerichtsverfahren vor dem Zivilgericht. Bei solchen Verfahren geht es oft um Geld - zum Beispiel um Zahlungsansprüche, um den Ausstieg aus einem Vertrag oder um Schadensersatz. Wenn nun eine der Prozessparteien - also der Kläger oder der Beklagte - versucht, das Gericht zu täuschen, um sich im Prozess einen Vorteil zu verschaffen, begeht diese Person einen Prozessbetrug. Ist die Täuschung erfolgreich, liegt ein vollendeter Betrug vor. Erkennt das Gericht die Täuschung rechtzeitig, handelt es sich immer noch um einen versuchten Betrug, der ebenfalls strafbar ist.

Wie wird Prozessbetrug bestraft?


Der Prozessbetrug stellt keinen eigenen Straftatbestand dar, sondern ist ein Unterfall des Betruges. Ein Betrug wird nach § 263 StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe geahndet. In besonders schweren Fällen droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Um einen besonders schweren Fall des Betruges handelt es sich zum Beispiel, wenn dadurch eine andere Person in wirtschaftliche Not gerät.

Beispiele: Wann handelt es sich um einen Prozessbetrug?


Eine Täuschung kann in einem Zivilprozess zum Beispiel stattfinden, indem man auf Zeugen einwirkt, vor Gericht eine falsche Aussage zu machen. Oder darin, dass man als Kläger oder Beklagter Beweismittel manipuliert. Ein Beispiel dafür ist die Fälschung von Dokumenten.

Für einen Prozessbetrug reicht es jedoch schon völlig aus, als Kläger oder Beklagter im Prozess wissentlich falsch vorzutragen. Hier muss man wissen: In einem Zivilprozess hat jede Partei - Kläger oder Beklagter - die Pflicht, sich zu den maßgeblichen Umständen des Falles vor Gericht zu äußern. Dies muss natürlich wahrheitsgemäß und vollständig passieren. Wer also lügt, etwas Wesentliches weglässt oder etwas Neues hinzuerfindet, um seine Chancen im Prozess zu verbessern, riskiert eine Strafverfolgung.

Zwar trifft die Entscheidung über die im Prozess verhandelten Fragen letztendlich allein das Gericht. Dies ändert aber nichts daran, dass die Prozessparteien sich wegen solcher Handlungen oder Unterlassungen strafbar machen können.

Vor einigen Jahren befasste sich der Bundesgerichtshof mit dem Fall einer Frau, die die Lebenspartnerin eines reichen russischen Geschäftsmannes gewesen war. Dieser hatte in Deutschland mehrere Geschäfte getätigt - unter anderem Immobilienkauf. Dabei war er von einem Ehepaar und dessen Sohn betrogen worden. Diese wurden strafrechtlich deswegen verurteilt. Dann verließ ihn seine Lebensgefährtin und heiratete den Sohn des betrügerischen Paares. Um weiter ein gutes Leben zu haben, forderten dann beide von dem Russen eine Zahlung von fünf Millionen US-Dollar. Er habe der Frau diese Summe versprochen. Um das Schenkungsversprechen zu beweisen, fälschten sie Unterlagen. Dann verklagten sie den Geschäftsmann.

Das Gericht sah die Beweise als unglaubhaft an und wies die Klage ab. Nun ging der Russe vor Gericht, um weitere an seine Ex-Lebensgefährtin gezahlte Gelder zurückzubekommen. Das Paar legte erneut die gefälschten Unterlagen als Beweismittel vor, um diese Klage abzuwehren.

Gegen das Paar wurden Strafverfahren wegen Prozessbetruges eingeleitet. Die Frau wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, zehn Monaten und drei Wochen verurteilt wegen versuchten Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung. Der Mann musste für drei Jahre und acht Monate hinter Gitter, weil noch weitere Straftaten in die Verurteilung einflossen. Die Urteile wurden vom Bundesgerichtshof bestätigt, der überraschenderweise ebenfalls nichts von gefälschten Dokumenten hielt (Urteil vom 10.1.2012, Az. 1 StR 580/11).

Wie kommt es zu einem Verdacht auf Prozessbetrug?


In vielen Zivilprozessen geht es um viel Geld. Und niemand verliert gerne. So mancher möchte eine Niederlage nicht auf sich sitzen lassen. Daher kommt es immer wieder vor, dass der Prozessgegner beschuldigt wird, einen Prozessbetrug begangen zu haben. In anderen Fällen ist der Zivilrichter selbst der Meinung, belogen oder getäuscht worden zu sein - und wendet sich an die Staatsanwaltschaft.

Üblicherweise stellen in vielen Gerichtsverhandlungen Kläger und Beklagter den Sachverhalt unterschiedlich dar. Natürlich drängt sich dabei oft der Verdacht auf, dass einer von beiden wohl lügen muss. Ob die Staatsanwaltschaft dann ein Ermittlungsverfahren einleitet, ist davon abhängig, ob jemand den Vorgang zur Anzeige bringt. Dies kann der Prozessgegner oder das Gericht selbst sein. In vielen Fällen kommt es trotz Zweifeln nicht zur Anzeige wegen Prozessbetruges. Daher dürfte die Dunkelziffer solcher Fälle vermutlich hoch sein.

Wann verjährt ein Prozessbetrug?


Die Verjährungsfrist liegt bei fünf Jahren. Bei einem vollendeten Prozessbetrug beginnt sie mit dem Datum des Urteils in dem Zivilverfahren, in dem der Betrug begangen wurde.

Wann kann man Schadensersatz wegen Prozessbetrug einklagen?


Der Geschädigte eines Prozessbetruges hat die Möglichkeit, den Täter auch zivilrechtlich auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Während das Strafverfahren über den Prozessbetrug vor einem Strafgericht stattfindet, muss für den Schadensersatz ein neuer Prozess vor einem Zivilgericht angefangen werden. Die Rechtsgrundlage für den Anspruch ist § 823 Abs. 2 BGB. Dabei ist nachzuweisen, dass der verlangte Schadensersatz dem vom Täter durch Betrug erzielten Vorteil entspricht (OLG München, Beschluss vom 14.8.2017, Az. 13 U 1235/17).

Praxistipp zum Prozessbetrug


Wird gegen Sie wegen eines möglichen Prozessbetruges ermittelt? Dann sollten Sie schnellstmöglich die Unterstützung eines erfahrenen Strafverteidigers suchen. Ein Fachanwalt für Strafrecht kann Sie bereits im Frühstadium des Verfahrens beraten und Ihnen helfen, keine unbedachten Aussagen zu machen, die Sie später bereuen.

(Bu)


 Stephan Buch
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